Geistgedanken
mein lächeln entblößt meine seele, abgründe ergreifen von den blicken besitz. das lächeln wird zum schauermärchen; was sein könnte, birgt einen albtraum. in meinen augen spiegeln sich tränen wieder, werfen die formlosen schatten des geistes in die leere der welt, erzählen von zu vielen gedanken, die wirr und unvollkommen ein dasein fristen, das meines und zugleich keines zu sein scheint. zerzaustes haar spielt mit den winden, verdeckt mein zerfurchtes antlitz. jede silbe aus meinem mund birgt einen schrei oder ein grelles, tonloses lachen, die aussichtslosigkeit des seins betreffend. der spiegel zeigt eine leichenbleiche silhoeutte, irgendwo am rand der eigenexistenz gestrandet. kraftlos zittern die dürren spinnenfinger; ein hauch meiner selbst formt meine gestalt. die stimme flüstert welke worte, doch verbirgt mich längst nicht mehr.
doch aus der ferne brennt mein leben. worte entströmen meinen sinnen, verbinden sich zu wunderlichkeiten, malen ein netz feinster silbergedanken in die trübnisse der welt. ein lächeln entsteht auf papier, gerinnt zu zeilenbergen. ich schreibe mich schön. der autor ziert sich selbst mit jeder silbe, kritzelt einen seligen schleier über seine seele, entfremdet sich zum guten auf der suche nach dem ich.
aus der ferne betrachtet erwachsen mir weiße zauberschwingen, zerren mich hinauf in die weiten des himmels, lassen fliegen, was längst am grunde zerschellte. ich ziehe fremde blicke in bizarre traumwelten aus licht, kreiere mit winzigen zeichen eine hoffnung, deren größe mit dem geiste nicht zu erfassen ist. liebe wuselt vergnügt zwischen den worten herum, und irgendwo wartet ein leben, von ihr geküßt zu werden.
mit flüssigem wort schreibe ich träume, reiße die narben der wirklichkeit von suchenden gesichtern.
zum glück weiß niemand, daß ich häßlich bin.
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morast - 3. Feb, 22:13 - Rubrik:
Geistgedanken
noch nie war es gelungen, trotz unzähliger versuche.
trotzdem. vielleicht würde es ja diesmal klappen. ich schloß die augen und begann zu rennen. ich flog über den grauen asphalt, sauste an den lebenden vorbei, rauschte durch die fänge der zeit. die schatten folgten mir, waren nahe. ich konnte sie nicht abschütteln. ich rannte.
das lächeln meiner zuversicht schwand, wich von mir, das licht in mir bgeann zu welken. die schatten wuchsen. bizarre formen des absurden. hinter mir. in mir. ich rannte. in wollte nicht innehalten, nicht einen moment verweilen, nicht zurückblicken, nicht nach vorne. ich wollte rennen, rennen, rennen, wollte fliehen und immer wieder fliehen. noch nie war es mir gelungen. noch nie. ich rannte.
welten zogen forbei, zeigten sich als wilde, absonderliche muster, kräuselten sich vor meinen füßen und verlachten mich. ihr gelächter klang wie mein geflüstereter schrei. die richtungen verzweigten sich zu kranken fratzen. sackgassen bemächtigten sich meiner wege. ich wußte, daß alles vergebens sein würde. doch ich rannte.
wenn ich nur wollte, konnte ich entkommmen. wenn ich nur wollte, konnte ich einfach entfliehen, konnte ich alles abschalten, alles vergessen. ich brauchte nur zu rennen, keinen atem zu holen, keine pause einzulegen, stetig zu rennen, immerfort. das ziel hatte keine bedeutung, weilte es doch in ferner zukunft. die zukunft lag brach, doch mochte ich sie nicht rühren, erfand ständig neue wege, die an ihr vorbeiführten, rannte bei tag und nacht, rannte ohne ruhe.
ich ließ das vergangene hinter mir. doch die schatten wichen nicht. in manchen stunden fürchtete ich, sie könnten mich verschlingen, fürchtete, vom dunkel eingeholt zu werden. dann rannte ich schneller, noch schneller, preßte die augenlider fester zusammen und suchte die letzten kräfte in mir. manchmal konnte ich nicht länger, wollte nicht mehr, sehnte mich nach rast, nach schweigen, sehnte mich nach stillstand. doch wenn ich die schatten hinter mir keuchen hörte, wenn ich sah, daß die zukunft grinsend meiner harrte, begann ich erneut zu rennen. ich konnte nicht fliehen, das wußte ich. doch ich wagte es, würde es wieder und wieder wagen. ich rannte.
aber wie sollte ich jemals mir selbst entkommen, wie sollte ich meinen pfaden entrinnen, wie der zukufnt entweichen? ich konnte rennen und rennen und würde doch wieder in meinen armen landen, keuchend, erschöpft, doch ruhelos und voller furcht. ich konnte rennen und rennen und würde doch nur kreise laufen, würde mich am anfang wiederfinden, das wissen verspürend, nicht entkommen zu können, zu jedem punkt der zeit ich selbst zu sein. ich konnte die augen so fest schließen, wie irgend möglich, doch immer wären es die schatten, immer wären es die wirklichkeiten, die sie wieder aufrissen, die mir ihre schrecknisse einträufelten und mich sehen ließen, die meinen planlosen lauf stoppten und mir den letzten atem raubten.
doch diesmal nicht. ich rannte, würde weiter rennen, weiter und weiter, die augen bis ins herz geschlossen, keinen atemzug preisgebend, keinen gedanken verschenkend. ich rannte, würde alles zurücklassen, würde entkommen, würde entfliehen, würde rennen, bis ich fand, wonach ich nie suchte, würde rennen, bis das leben meinen namen kannte.
ich rannte.
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morast - 1. Feb, 22:12 - Rubrik:
Geistgedanken
ich halte meinen atem an, als könnte ich mein leben halten, als könnte ich in ihm jeden gelebten moment bergen, jeden augenblick wiederfinden und zu genuß wandeln, jeden gedanken sammeln und zur blüte treiben. ich halte meinen atem an, als könnte ich den windhauch des daseins von mir nehmen, als könnte ich die zeit regieren, ihr befehlen, woanders zu verweilen, nur kurz, nur solange, bis ich mich gefunden habe. ich halte meinen atem an und suche, suche mein leben, suche dich in mir.
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morast - 31. Jan, 22:11 - Rubrik:
Geistgedanken
ich maße mir nicht an, über sinn und unsinn des lebens diskutieren zu wollen, will auch keine these verbreiten, welchen sinn das dasein auf erden für uns menschen bereithält, keine mutmaßungen äußern über die mögliche individualität jenes lebenssinns; mein einziges verlangen in diesen zeilen wird sein, den sinn des lebens bzw. die suche nach ihm zu hinterfragen. was also ist der sinn des sinns des lebens?
was ich mich frage, ist beipielsweise, ob sich die suche nach dem sinn des lebens (SDL) überhaupt lohnt. die frage klingt albern, höre ich doch schon ein empörtes "natürlich!" aus imaginären publikum. doch derart selbstverständlich scheint mir das nicht zu sein, frage ich mich doch, ob der SDL an einem vorübergegangen ist, wenn man ihn nicht herausfand. ist also nur derjenige, der weiß, worin der SDL besteht, auch imstande, sein leben mit sinn zu befüllen? oder vermag auch der unwissende, derjenige, der nicht um den SDL weiß, ein erfülltes und sinnvolles leben zu führen? wenn dem so ist, wenn eigentlich jeder imstande ist, unwissend durch seine existenz zu wandeln und den sinn trotzdem zu erreichen, dann lohnt sich die suche womöglich nicht, insbesondere wenn sich diese als aufwendig und langwierig herausstellen sollte. immerhin hat man die möglichkeit bei versagen, wenn man also den SDL nicht herausfinden konnte, trotzdem diesen - zufälligerweise oder durch hingabe an sein innerstes ich oder wasauchimmer - zu erreichen. diese möglichkeit ist bei der alternative nicht gegeben: ist die erfüllung des lebens mit sinn nur den wissenden, den sinnkennenden, vorbehalten, so lohnt sich die suche noch weniger, da es nun zwingend notwendig wird, diese mit erfolg zu krönen, wenn man nicht vergebens gelebt haben möchte. es besteht also die pflicht des suchenden, eine doppelte odyssee durchzuführen: zum einen zum finden des SDL, zum anderen zu dessen erfüllung.
daher zeigt sich, daß egal wie es sich verhält, der sinnsuchende immer im nachteil ist gegenüber dem, der nur dahinlebt, ohne sich um den SDL zu scheren. ob nun irgendwann, nach erfüllung des lebens mit sinn, der sinnsuchende sich einen vorteil gegenüber dem scheinbar tumben verschafft haben wird, ist auch nicht gewiß und hängt vermutlich davon ab, wie der sinn beschaffen ist. das jedoch bringt mich zu einer weiteren fragestellung:
was passiert, wenn der sinn gefunden ist?
der SDL kann nur auf drei mögliche arten beschaffen sein. zum einen derart, daß er erfüllt werden kann, jetzt im augenblick oder zu späterem zeitpunkt. er ist erfüllbar, was bedeutet, daß es womöglich im leben einen punkt geben wird, an dem man feststellt, daß dieses von sinn erfüllt ist. doch was geschieht danach? welchen sinn hat das dasein nun noch, da scheinbar alles erreicht wurde? verbleibt anschließend noch sinn in der eigenen existenz? treibt man dann seelenlos durch die zeit, womöglich beglückt und von allem irdischen befreit, womöglich aber schwersten herzens, jeden verstreichenden augenblick als unsinnige qual empfindend?
die zweite variante besteht darin, daß er, der SDL, unerfüllbar ist. das ist wohl die ernüchternste, kann man doch dann gleich aufhören, weiterleben zu wollen. schließlich verfügt man nun über das wissen, daß alles eigene streben letztendlich sinnlos gewesen sein wird, daß die erfüllung unerreichbar bleiben wird. vbermutlich wünscht man sich dann, daß man nie erfahren hätte, nie hätte wissen wollen, was der verfluchte SDL denn nun ist.
die dritte und letzte variante halte ich für die wahrscheinlichste: der sinn erfüllt sich im leben. ich meine nicht, daß der SDL gleichzusetzen ist mit dem leben an sich, daß also jeder, der lebt automatisch dem leben einen sinn verleiht. nein, ich meine, daß der sinn eine sache ist, die sich in schritten erfüllt, im laufe des daseins langsam erfüllung findet. vielleicht ist dann der SDL veränderlich, paßt sich dem eigenen dasein an, gibt sich stückchenweise preis, läßt sich stückchenweise erfüllen und setzt immer neue ziele, neue fluchtpunkte.
eine vierte und fünfte variante fallen mir noch ein. viertens: der sinn des lebens erfüllt sich im tod. diese möglichkeit gefällt natürlich nicht besonders, da es dadurch möglich ist, zeitlebens herumzudümpeln und letztendlich doch den sinn zu erfahren, bzw. weil auch so alles streben nichts nützt, da erst der tod die erlösung, denn sinn, bringt.
fünftens und letztens: es gibt keinen sinn, keinen SDL. eine traurige variante, die natürlich alles streben vergebens macht und das leben an sich als "sinnlos" deklariert.
möge der geneigte leser sich nun seine favorisierte variante auswählen...
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morast - 31. Jan, 22:11 - Rubrik:
Geistgedanken
dein lächeln ist echt. ich weiß es. ich wußte es immer. doch es erreicht mich nicht. es gilt nicht mir. es gilt deinen gedanken. gedanken, die du nicht mit mir teilst. niemals teilen wirst.
in der unerklärlichen traurigkeit der stille forme ich worte. treibe das nichts hinfort, das zwischen uns liegt. befülle das schweigen. du hörst mich nicht.
deine augen bemerken die bewegungen meiner lippen. deine ohren vernehmen laute. und manchmal dringt ein wort in deinen geist. veranlaßt dich zu einem blick. zu einer geste. zu einer regung. manchmal gar zu einem satz. doch du hörst mich nicht.
vieles von dem, was aus meinem mund quillt, ist unsinn. leere, die leere vertreibt. albernheiten. du lächelst nicht. fast nicht. nicht wegen mir. ich weiß es. ich weiß, daß ich nichts sage, wenn ich rede. ich weiß, daß ich dich nicht erreiche. doch versuche es trotzdem. will die stille vertreiben. will die beklemmende stille vertreiben.
manchmal schweige ich. du schweigst auch. bemerkst nicht, daß ich verstummte. bemerkst nicht, das der schwall der wörter versiegte. bemerkst nicht, warum ich schweige. du siehst mich nicht an.
dein lächeln ist echt. doch wenn ich dich frage, schweigst du. ich darf dich nicht sehen. darf nicht in dein inneres sehen. das lächeln ist nur für dich. für dich allein.
vieles von dem, was aus meinem mund quillt, geht tiefer. treibt fragen wie pfeile in die luft. setzt unsichtbare tränen frei. vieles, das mich bewegte. vieles, das mich zum nachdenken brachte. oder zum lachen. du hörst mich nicht.
wenn du redest, spüre ich die dornen in deinen worten. spüre ich die kälte. wenn du redest, bist du unendlich fern. wenn du redest, glaube ich, dich nicht länger zu kennen. dann schweigst du wieder. und lächelst.
ich sehe dich an und frage mich, warum. frage mich, warum ich dich ansehe. frage mich, warum du lächelst. frage mich, warum du schweigst. frage mich, warum meine worte dich nicht erreichen werden.
ich sehe dich an und verstumme. will für immer verstummen. mich abwenden. in tränen zerfließen. doch kann nicht.
dein lächeln ist echt. es verbirgt dich. irgendwo. worte zerschellen in der ferne.
ich bin wohl kein mensch mehr.
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morast - 30. Jan, 22:10 - Rubrik:
Geistgedanken
wie sanftes flüstern rieselt schee aus den weiten des himmels auf mich herab. jede einzelne flocke schenkt mir einen lieblichen kuß, setzt sich zärtlich in mein haar, auf meine kleidung, bildet eine weitere ergänzung eines wirren, wunderschönen musters. mit meiner zunge versuche ich, die weißen flecken aus der luft zu fangen, genieße das prickeln schmelzender schneekristalle. irgendwo aus meinen augen lugt einen seliges lächeln hervor.
die wiese ist weiß. ein anderes wort ist nicht vonnöten, denn alles, was meine blicke erfassen, ist diese farbe. weiß. keine spur führt durch die schneedecke, kein abdruck stört die ihre reinheit. jungfräulich, wie neugeboren, liegt ein kleines stück welt vor meinen füßen und verzaubert mich mit seiner pracht. ich wage nicht, die wiese zu betreten, wage nicht, sie mit mir zu vernunreinigen.
langsam und besonnen wandere ich an ihr entlang, genieße die ruhe in meinem kopf, das leise säuseln des winterwindes, die stille vor meine augen. wie leicht es ist zu vergessen, einen weißen mantel auszubreiten und die welt zu verhüllen, das dasein mit einem dünnen hauch aus schweigen zu bedecken.
irgendwann lasse ich mich fallen, einfach so, in das weiche weiß hinein. schnee umschließt mich, wirbelt hoch, legt sich auf mich nieder. ich spüre die kälte an meinem hals, doch fühle mich wohl, geborgen. aus dem grauen himmel fallen die flocken auf mich hinab, hunderte, tausende. ich folge ihnen in gedanken, betrachte beglückt ihren träumerischen tanz, lausche dem sanften flüstern ders schnees.
als ich irgendwann weitergehe, lächle ich.
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morast - 30. Jan, 22:09 - Rubrik:
Geistgedanken
und mit jedem augenblick, den ich weiterlebe, frißt die zeit mehr und mehr an meinen erinnerungen, raubt sie, verfärbt sie, zeichnet sie neu und löscht sie aus. selbst der innige wunsch festzuhalten, selbst das fiebrige vorhaben, nicht, niemals, loszulassen, kann sich diesem prozeß nicht widersetzen. ich kann worte schreiben, gedanken im geiste wiederholen, bilder ausgraben und in mir verinnerlichen, ich kann anderen erzählen, was in mir blieb, um es aufzufrischen, zu erneuern. doch nützt all das nicht viel gegen die übermacht der zeit, gegen die übermacht des vergessens.
das ereignis war traurig, wohl die traurigste zeit meines daseins, war so unfaßbar unwirklich, daß ich womöglich noch heute nicht begreife, noch heute nicht fasse, was geschah. und doch zerrinnt es in mir, fließt hinfort, ein teil des gewesenen, sich aus der gegenwart verabschiedend. noch immer fühle ich ein echo meines schmerzes von damals, das hin und wieder wellen schlägt und meine sinne überflutet, tränenbäche gerinnen läßt. doch das alles ist so unfaßbar schwach, so unendlich weit fern, daß das ohnehin unwirkliche in mir noch mehr an substanz verliert, daß es von mir weicht, als wäre es nie geschehen.
und doch geschah es. ich weiß es, irgendwo im kopf, tief in meinem rationalen denken. doch mit jeder sekunde, die ich weiterlebe, kann ich es weniger fühlen, weniger fassen.
ich genieße die augenblicke, in denen meine erinnerungen zurückkehren, in denen alte bilder das vergangene aufzeigen und facetten vor mir ausbreiten, derer ich längst nicht mehr gewahr bin. kleinigkeiten kommen mir in den sinn, und ich freue mich darüber, freue mich, sie wiederentdeckt zu haben wie einen alten, längst vergessenen schatz. in solchen momenten breite ich alles in mir aus, eine galerie des lebens, die vom tode kündet. und doch, selbst der schmerz ist mir dann ein treuer freund, ziehen mit ihm doch weitere erinnerungen einher, dinge, die ich vermißte, ohne daß ich sie hätte betiteln können, dinge, die entwichen, ohne daß ich ihr fehlen bemerkt hätte. für einen augenblick bin ich imstande, dich zu greifen, die vergangenheit zu greifen und in mir festzuhalten, dich mit meinen tränenüberströmten augen zu sehen.
ich will nicht vergessen, will niemals vergessen, weil zuviel schönheit in dem steckt, was längst verging, weil zuviel liebe dort wohnt, wo ich dein bild in mir trage. ich will nicht vergessen, wer du warst, wer du in meinem herzen noch immer bist, will die zeiten nicht vergessen, die wir teilten.
niemals will ich, daß einzig ein stein, ein bepflanzter fleck erde, ein starrer name inmitten vieler, ein trüber ort in meiner ferne, mich an dich erinnert, will nicht, daß es eines solchen platzes bedarf, um dich noch immer in mir zu wissen.
jede erinnerung schenkt mir ein lächeln, jeder gedanke an dich hält dich in mir. so vieles, was ich nicht wußte, was ich niemals wissen werde. so vieles, was ich wußte, spürte, erlebte.
ich will es nicht vergessen, will niemals vergessen...
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morast - 28. Jan, 22:08 - Rubrik:
Geistgedanken
manchmal erkenne ich in meinem handeln dinge, die mich erinnern lassen, die trübes hervorkramen aus den untiefen meines geistes, aber auch schönheiten, deren glanz ich längst vergaß. zumeist genieße ich es, erfreue mich dessen, was war, sei es schmerz, sei es glück. und zuweilen eröffnen sich dadurch neue gedanken, greifen ein in die gegenwart, lenken meine schritte. ich könnte... ich sollte... wäre es nicht möglich, ...
es heißt, es wäre niemals zu spät, um verzeihung zu bitten.
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morast - 27. Jan, 22:07 - Rubrik:
Geistgedanken
die kombination aus gedanken in der vergangenheit und dem heutigen betrachten des wahrlich ergreifenden und wunderschönen films "die fabelhafte welt der amelie" ergab folgende frage: was passiert, wenn man sich einmischt?
ich selbst bin ein verhältnismäßig neugieriger mensch. sobald mich eine frage, ein mensch oder ein ding fesselt, vermag ich dieser/m meine volle aufmerksamkeit zu widmen, den rest der welt zu vernachlässigen, nur um ein paar mehr informationen zu ergattern. sitze ich in der straßenbahn, so neige ich nicht selten dazu, andere menschen anzustarren, sie zu beobachten, ihr verhalten zu studieren und darüber zu sinnieren: die frau dort, mit dem kleinen kind, warum redet sie so merkwürdig? hat sie getrunken oder ist sie sprachlich behindert? der mann dort, wie oft habe ich ihn schon dieselbe geschichte erzählen hören von ihm, der siebzig jahre alt ist, von seiner zehn jahre jüngeren freundin, von seinen wöchentlichen tanzvergnügungen und so weiter? was um gottes willen findet die einigermaßen attraktive, aber scheinbar ein wenig unterbelichtete junge dame mit kinderwagen an ihrem freund, einem offensichtlichen fascho-proll?
und schon geschieht es. der fascho schaut mich an, ich sehe zu spät weg. was folgt, sind böse blicke und derbe beleidigungen. ich versuche, zunächst nicht, dann in sachlichem ton darauf einzugehen, doch ernte nur erneute schimpfworte. provozierend zündet sich der aggressive junge mann die zigarette schon an, bevor die bahn an seiner haltestelle hält (welch segen für das kind!), veabschiedet danach seine freudnin mit einem kuß (wie lecker!), steigt aus und entfernt sich, jedoch nicht ohne noch einmal wütend an die scheibe zu schlagen, hinter der ich sitze. ich habe dergleichen erwartet und reagiere nicht; die reaktion seiner freundin lautet ähnlich. sie scheint es gewohnt zu sein. traurig.
ein mensch niest. mit einem echten lächeln auf den lippen (nicht eines jener falschen lächeln, die uns die printmedien immer wieder auf den lippen hochbezahlter models präsentieren, welche tatsächlich aber nichts anderes sind als ein zu einem pseudogrinsen verzerrtes antlitz) wünsche ich herzlichst "gesundheit!" - und ernte erstaunte blicke: ich habe mich eingemischt.
ich steige an einer haltestelle ein und suche einen sitzplatz. auf einem zweierplatz sehe ich eine freie sitzgelegenheit, jedoch versperrt von einer jungen dame, die sich auf den äußeren platz gesetzt und somit den weg zum anderen versperrt hat. die bahn ist rammelvoll, niemand vermag sich auch nur wenige zentimeter zu rühren - doch keiner wagt es, die junge dame zu fragen, ob sie denn beiseite rücken und den unbelegten sitzplatz freigeben würde. ich wage es aber, möchte ich doch noch ein paar minuten in einem buch schmökern. auf meine anfrage hin reagiert die junge dame nicht nur überrascht, sondern fast gereizt, als hätte sie den sitzplatz reserviert und für sich gepachtet. sie rückt beiseite, ich lasse mich nieder, sie rückt noch ein stück. meine nähe ist ihr zu nah. ich darf mich nicht einmischen, habe mich schon genug aufgedrängt.
in einer anderen situation verfüge ich über einen sitzplatz in türnähe, sehe beizeiten, daß eine ältere, des gehens nur mühsam mächtige, frau einsteigt, stehe auf und begebe mich dorthin, wo ich, ohne im weg zu sein, während der fahrt stehen kann. doch was ich ernte, ist keineswegs ein winziges lächeln oder nicken des müden hauptes, nein, mir blicken nur fragende augen entgegen, berichten von verwunderung. es war wohl nicht zu erwarten gewesen, daß ich an ihrem schicksal anteil nehme, ja vielleicht noch nicht einmal gewollt.
überall wird der versuch, menschlichkeit zu zeigen, sich einzumischen und richtungsweisend zu wirken, mit mißtrauen aufgenommen. gehe ich an erzählenden menschen vorbei und erhasche gesprächsfetzen, die ein für mich lösbares, aber von den redenden kompliziertes problem beinhalten, zögere ich nicht, meine meinung zu äußern. wird mein nachbar am bibliothekscomputer von einer fremden um eine kurze pause gebeten, damit eine kurze sache erledigt, zwischengeschoben, werden kann, zögere ich nicht, aufzustehen und meinen platz anzubieten. sehe ich bettelnde auf der straße oder alkoholisierte, die sich um einen getränkestand gruppieren, so versuche ich nicht zu vergessen oder wegzusehen, sondern frage mich betrübt, was nötig ist, um diesen menschen zu helfen. spricht mich ausnahmsweise irgendwer an, um rat fragend, hilfe ersuchend, so zögere ich nicht und tue mein möglichstes.
ich will mich nicht preisen, sondern nur unzählige beispiele dafür aufzeigen, daß stets das gleiche geschieht: menschen wollen nicht, daß sich jemand fremdes einmischt, wollen mit ihren sorgen, ihren gedanken, ihrem handeln in ihrer kleinen welt belassen werden - und bröckelt sie noch so sehr. sie wollen nicht, daß irgendwer in ihnen schwäche entdecken kann, wollen nicht fragen, geben lieber nach und weichen zurück. menschen fahren in einer kaufhalle lieber umständlich an einem im weg stehenden einkaufswagen vorbei, anstatt diesen, der ja keineswegs privateigentum darstellt, einfach ein stück beiseite zu schieben. sie dulden lieber den lärm der nachbarn im lesesaal, anstatt höflich um etwas ruhe zu bitten. sie schreiben lieber die offensichtlich falschen worte oder formeln von einer tafel ab, als den lehrenden, die autorität, die auch nur mensch ist, auf seine fehler hinzuweisen.
nicht immer, ich weiß. doch oft genug. und das macht mich traurig. insbesondere weil jeder versuch, aus diesem denken auszubrechen, im ersten moment so ungewohnt zu sein scheint, daß der betroffene zunächst einen angriff, einen eingriff in sein persönlichstes, in sein allerheiligstes, vermutet. er reagiert verletzt oder aggressiv, wendet den blick ab oder schweigt. manchmal aber lächelt er und entsinnt sich dessen, daß es auch andere gibt, und daß die anderen vielleicht in ähnlichen sorgen und nöten stecken wie er selbst. für solche augenblicke bin ich dankbar.
ich will mich einmischen, doch mich nicht aufdrängen, will mich zur verfügung stellen, doch nicht in den mittelpunkt, ich will möglichkeiten offenbaren, nicht pflichten. der unterschied ist schwer auszumachen - jedenfalls auf den ersten blick. und doch reicht es zuweilen, wenn man auf die standardisierten floskeln zur begrüßung oder zur verabschiedung verzichtet und etwas sagt, was man auch meint, was womöglich aus dem eigenen inneren kommt. es reicht oft, wenn man versucht, in anderen menschen auch solche zu sehen, nicht einfach nur randfiguren der eigenexistenz. es reicht oft, wenn man die augen öffnet und beginnt, ein oder zwei schritte weiterzudenken als nur bis zum hier und jetzt. es reicht, oft, eine frage zu stellen, wo man sich eigentlich nicht traute; einen satz zu sagen, den man längst loswerden wollte.
was passiert also, wenn man sich einmischt? ich weiß es nicht, nicht wirklich, doch freue mich über jedes zeichen von menschlichkeit, freue mich darüber, nicht als eindringling betrachtet zu werden, sondern als freundlicher, hinterfragender junger mann, freue mich, wenn reaktionen erfolgen, die nicht von mißtrauen udn verdeckter furcht treifen. und natürlich freue mich darüber, wenn sich irgendwann jemand in mein eigenes dasein einmischt...
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morast - 27. Jan, 22:06 - Rubrik:
Geistgedanken
meine augen fühlen sich taub an, ausgewrungen, so als hätte ich stunden-, ja vielleicht tagelang ununterbrochen geweint, tränen vergossen wie silbernes blut, als wäre jedes meiner traurigen worte durch die augen in die trübnis der welt geboren. leer und stumm sind sie nun, ihrer kostbaren flüssigkeit, all meiner tränen, beraubt, entsaftet, ausgedörrt.
ich habe nicht geweint.
und doch würde ich gerne gerweint haben, würde gerne weinen, stundenlang, ja vielleicht tagelang.
aber meine augen sind leer und stumm.
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morast - 26. Jan, 22:03 - Rubrik:
Geistgedanken