Mittwoch, 2. Juni 2010

...

Und vielleicht, überlege ich mir, während ein trauriges Lächeln meine Lippen formt, ist es Liebe selbst, die mich umgarnt, die um mich schwebt, als wäre sie Aura, als wäre sie eigenständiges Wesen, körperlos und doch von steter Präsenz. Formlos, ziellos streunt sie durch mein Dasein, bildet Zuversicht und Hoffnung, malt mir Freude über Winzigkeiten ins Gemüt, lässt mich Schönheit suchen und entdecken. Das Leben, weiß ich dann, wenn Liebe sich erneut schwebend durch meine Sinne flüsterte, ist angefüllt mit Pracht, mit Anmut, die für meine Sinne zuweilen kaum ertragbar ist. Und dann halte ich inne, atme tief jeden einzelnen dieser güldenen Momente und brüte das Leben in mir zu Wonne. Wie schön du bist, denke ich, meine Dich, meine mich, meine den Grashalm zu meinen Füßen, den Käfer, der auf ihm sitzt, den wehenden Wind, die flüchtenden Wolken. Wie schön du bist, Welt, denke ich und seufze, unfähig, all das in meinem Herzen zu bewahren, was mich lieben lässt.

Und so wandle ich durch die Tage, umgeistert von der Liebe, fülle sie in mein Lächeln und verschenke sie, preise Lob, gebäre Gutes. Von Liebe durchflutet, von Liebe umwoben, von Liebe, die tausend Namen trägt.

Bis irgendwann, eines Tages, Sie erscheint und sich mein Sehnen und Seufzen, mein Träumen und Wünschen, an sie haftet, um Sie rotiert, als wäre ein neuer Mittelpunkt geboren. Meine Liebe formt sich zu Ihrem Leib, zu Ihren Gedanken, Ihrem Lächeln, und ich bin bereit, mich vollends in Ihr zu verlieren. Für immer.

Und im Angesicht meiner Liebe, der Liebe, die einen Namen fand, strahlt Sie, Sie, die ich begehre, Sie, die nun zum Sinn mir wird, heller, näher, gleißt durch all mein Fühlen, glimmt sich süß durch jeden Atemzug, wärmt mich weich mit Sucht. Wie schön Du bist, denke ich dann, und flüstere Ihren Namen, sanft, mir seiner Kostbarkeit bewusst.
Und wenn Sie lächelt, wenn Sie selber liebt, wenn Sie mich in Ihren Küssen findet, dann blüht die Liebe, verschlingt mich, reißt mich fort, tiefer in Sie hinein, lässt das All leuchten und jede Welt zu Licht erblühen.

Meine Liebe, an Ihren Leib, an Ihr Haar, gehaftet, funkelt wild und träumend, und ich begreife, des Begreifens nicht länger fähig zu sein, versinke in der Schönheit, die sich mir erschließt, die sprießt und gedeiht, sich auf jeden Schritt, jeden Regentropfen, jede Silbe, erstreckt, versinke im Jetzt, das alle Ewigkeiten vereint.

Wenn Sie dann geht, geht Sie nie. Meine Liebe, wieder formloses Wesen, Aura meiner selbst, Hauch aus Hoffnung, flutet sich um meine Sinne, verkriecht sich in die Geborgenheit meines Innenichs, lässt Welten unbemerkt vorüberziehen, auf der Suche nach Wegen, nach Wünschen, nach Wollen. Doch wenn Sie geht, dann geht Sie nie. Nie kann Sie sich aller Partikel erwehren, nie von all meinen Träumen befreien, sich niemals vollends meinen Gedanken entziehen. Denn zwischen berstenden Welten sehe ich noch immer meine Liebe an Ihr funkeln, letzter Zeuge des Möglichen, jenes Strahlen, das abzustreifen höchstens Zeit imstande wäre. Flackernd entzieht Sie sich meiner Küsse, klaubt mir Ihren Namen von der Zunge, löst Ihr Lächeln aus meinem Gesicht. Und doch kann ich Sie funkeln sehen, spüre das Glitzern meiner Liebe auf Ihrer Haut, irgendwo dort, in fernster Fremde.

Und ich finde mich, werde mich immer finden. Nach Tagen und Jahren wird die Liebe aus meinen Innereien bersten, wird sich wie Schleier vor meine Augen legen, wird meine Sinne mit Drang benetzen. Und plötzlich höre ich das Leben summen, sehe ich Welten flüstern, spüre ich Pfade unter meinen Füßen wogen, als wollten sie mich leiten. Möglichkeiten bemächtigen sich meiner, und streichelnd umflutet mich der Liebe seidener Glanz. Wie könnte ich widerstehen, könnte ich mich gegen die Schönheit verwehren, die mich plötzlich wiederfindet, die mir in die Augen fließt, mein Herz befüllt, mich aller Finsternisse entreißt?

Ich schmunzle, sehe mich lieben, sehe mein Sehnen Namen formen, neue, alte, sehe lichtene Nebel aus meiner Brust entwachsen, die Welt umarmen, als wartete sie nur auf mich, nur auf mein Sehnen, darauf, dass ich irgendwann innehalte, irgendwann zu Träumen erwache, irgendwann finde. Und wieder wird mein Licht sich um Ihr Antlitz betten, und wieder wird Ihr Name zur kostbarsten Welt, wieder Ihr Lächeln zu meiner Liebe Leib.

Wieder und für alle Zeiten.

Mittwoch, 26. Mai 2010

Der alte Frosch

"Und das war so.", begann der alte Frosch.

Der gesamte Teich, bis vor wenigen Augenblicken mit einem vielstimmigen Quaken befüllt, verstummte innerhalb von vier klitzekleinen Wörtern. Wenn der alte Frosch zu reden begann, lauschte man. Atemlos, falls möglich. Einzig eine vorlaute Grille wählte diesen fast heiligen Auenblick, um inmitten der plötzlich emporwuchernden Stille ein vergnügtes Liedchen anzustimmen. Man vernahm ein rasches Zungenschnalzen, irgendjemand schmatzte kurz, dann war Ruhe. Wirkliche Ruhe.

"Und das war so.", begann der alte Frosch zu zweiten Mal, sich nun sämtlicher verfügbarer Aufmerksamkeit sicher wissend. Er räusperte sich kurz, doch jeder einzelne der anwesenden Frösche wusste, dass er nicht mit dem Erzählen seiner Geschichte, einer weiteren spannenden Episode seines abenteuerreichen Lebens, beginnen würde, bevor er ein drittes Mal begonnen, ein drittes Mal "Und das war so."gesagt hatte.

Alle Augen richteten sich auf ihn, den alten Frosch, der vom Alter gezeichnet und doch imposant, einem Froschkönig gleich, auf seinem Stein hockte, dort auf seinem algengrünen Thron, ruhte, als hätte das Universum ihm bereits vor Jahren sämtliche seiner Geheimnisse ins Ohr geflüstert.

"Und das war so.", begann er ein drittes Mal, und unzähligen Froschmündern entglitt eine Woge in die milde Abendluft hinausgeseufzter Anspannung. Die Geschichte würde nun beginnen, die Welt war an ihrem Platz und alles hatte seine Richtigkeit.

Die tiefe Stimme des Frosches dröhnte angenehm träge aus dem warzigen Maul, als der Alte endlich eine Geschichte preisgab:
"Vor vielen Jahren, als ich noch ein junger Hüpfer war, bezwang ich einen Storch."
Ungläubiges Staunen raunte es aus zahllosen Mündern, und der alte Frosch schmunzelte.

Plötzlich brachen riesige Beine durch das Schilf. Ein Schnabel senkte sich, Flügel flatterten und ehe die andächtig lauschenden Frösche sich der Ereignisse bewusst wurden, war ein riesiger Schatten über den Teich davongeglitten und den wenigen Blicken überrascht hinterherblickender Frösche entflohen.

"Der Storch!", flüsterten die ersten. "Der Storch!", wisperte alsbald der ganze Teich, von lähmender Furcht erfüllt. "Der Storch!"
"Der Alte!", hörte man dann jemanden rufen und plötzlich bodelte das Wasser. Der alte Frosch war verschwunden! Der Storch hatte den Alten geraubt!

Frösche hüpften aufgeregt hin und her, quakten des Alten Namen. Einige suchten verzweifelt unter Seerosen und Schilfblättern, als hätte er sich nur versteckt, nur einen Spaß erlaubt. Eine Fröschin tastete in ihrem Unglauben gar Stück für Stück des grünen Thronsteines ab. Der Teich war erfüllt von wirrem Quaken, von herzzerreißend verzweifelten Lauten, von einem Hüpfen und Springen, einem Tauschen und Platschen, einem Hoffen und Suchen.
Doch nirgends gab es eine Spur, und allmählich lähmte Gewissheit alle Glieder: Der Storch hatte ihn geholt!

Längsam verstummte der See. Die Frösche schwiegen, erinnerten sich an den Alten, der immer Rat gewusst, immer eine weitere Geschichte gekannt hatte. "Was nun?", fragten sich einige, doch niemand wagte zu antworten.

Nacht kroch herbei, und die Frösche zogen sich in ihre Unterschlüpfe zurück, tief in dunklen Gedanken versunken, die auch der im Teich gespiegelte Schein des Sichelmondes nicht zu erhellen vermochte.

Als endlich der Morgen anbrach, begannen die Frösche lustlos ihr Tagwerk. Träge fingen sie Insekten, gedankenlos hüpften sie von Seerose zu Seerose, tauchten in die Tiefen des Wassers, um Augenblicke später unverrichteter Dinge zur Oberfläche zurückzukehren. Hin und wieder sah man einen Frosch nach oben blicken, zum Himmel, dorthin, wo der Storch, der Alte, verschwunden war, doch die Hoffnung war schmal und bar jeder Kraft.

Das Begräbnis währte Stunden. Lieder wurden gesungen, alte Geschichten erzählt, ein riesengroßer Stein in Gedenken an die Weisheit des Alten im Teich versenkt. Alle waren da, und wer fehlte, war nicht weit, hatte sich nur zurückgezogen, um in Abgeschiedenheit eigenen Gedanken zu frönen.

Es war ein Fest, ein stilles zwar, aber dennoch ein Fest, eines, das des alten Frosches würdig war, eines, wie er es selbst wohl am meisten genossen hätte. Denn als alles gegessen, vieles gesagt, einiges gesungen und sogar ein bisschen getanzt worden war, fehlte es nur noch einer kleinen Geschichte, um der Feierlichkeit einen krönenden Abschluss zu schenken.

Da raschelte es im Schilf, und panisch hüpften die Frösche durcheinander. "Der Storch! Der Storch!", quakten sie und versuchten, sich in Sicherheit zu bringen, sich unter Blättern und Steinen zu verstecken, abzutauchen oder einfach nur so stillzustehen, als wären sie Teil der Landschaft. Noch einmal raschelte es im Schilf, doch nicht der Storch war es, der plötzlich am Rand des Teiches erschien, sondern der Alte, eine weiße Feder in der Hand tragend, mit einem triumphierenden Lächeln auf den Lippen.

"Der Alte!", flüsterten ein paar Frösche erstaunt, und bald schwoll das Flüstern an zu einem vielstimmigen Rufen, zu Freudenschreien und glücklichen Jauchzern. "Der Alte! Der Alte!"

Gemächlichlich hüpfte der Alte auf seinen algengrünen Stein, blähte kurz die Backen und aller Trubel verstummte. Die Frösche, die noch immer nicht fassen konnten, was dort vor ihren Augen geschah, sammelten sich, fanden einander, kamen zur Ruhe und starrten freudig erregt auf den alten Frosch, der nun damit begann, die allseits bekannten Worte zu zu formen, jene Worte, die ein jeder Frosch, ob groß, ob klein, sich so sehr gewünscht hatte:
"Und das war so.", sprach der alte Frosch und legte die Storchenfeder beiseite.

Diesmal begann er die Geschichte sofort.
Vorsichtshalber.

Montag, 17. Mai 2010

Waldspaziergang

Ich wanderte durch den Wald und fing die letzten Sonnenstrahlen des Tages mit meinem Lächeln. Vögel zwitscherten um mich herum, und hin und wieder erfreute mich ein Specht mit hungriger Holzklopferei. 'Toi toi toi.', schmunzelte ich und bückte mich, um nach Walderdbeeren Ausschau zu halten. Plötzlich vibrierte der Boden. Altes Laub raschelte, trockene Äste suchten sich neue Stellungen, das Lärmen der Vögel setzte aus.
"Was..?, wollte ich fragen, dann sah ich es: Ein Eichhörnchen! Nur drei oder vier Meter von mir entfernt stand es auf beiden Hinterfüßen und starrte mich an. Ich starrte zurück, hatte ich doch noch nicht viele schwarze Eichhörnchen gesehen. Vor allem keine, die mehr als doppelt so groß waren wie ich.
'Ein Rieseneichhörnchen!', dachte ich.
"Ein Eichhorn!", rief ich und überlegte, ob es besser sei, reglos stehen zu bleiben oder panisch davonzueilen.
"Kein Eichhorn.", sagte da das schwarze Eichhorn, und seine Stimme klang überraschend weich. 'Als hätte man den weichen Puschelschwanz zu Tönen geformt.', dachte ich.
"Kein Eichhorn.", wiederholte das Eichhorn mit sanfter Stimme. Ein fragender Blick bemächtigte sich meiner und vertrieb auch noch das letzte Quentchen Angst.
"Ich bin ein Eichhörnchen.", meinte das Eichhorn, das anscheinend ein Eichhörnchen war.
"Aber... aber...", stotterte ich. "Du bist riesig!"
"Bin ich nicht!", antwortete das Eichhörnchen trotzig. "Ich bin ein Eichhörnchen."
"Bist du dir sicher?", zweifelte ich.
"Ja.", meinte das riesige Eichhörnchen, nickte recht putzig und ergänzte: "DAS ist ein Eichhorn!"
Es wies mit dem Puschelschwanz nach links, von wo ich ein Grollen vernahm, wie von rasch nahendem Donner.
"Mami!!", rief das schwarze Viermetereichhörnchen erfreut und sprang seiner Mutter auf die Arme.

Donnerstag, 4. März 2010

Die Amsel

Die Amsel saß im Baum und zwitscherte meinen Namen. Eigentlich tirillierte sie nur Töne, deren Inhalt sich mir nicht erschloss, doch für einen Moment war ich gefangen in der angenehmen Vorstellung, die Amsel zwitscherte meinen Namen, sie sänge sozusagen nur für mich. Schön wäre das, dachte ich und blieb stehen. Sicherlich wartete die Arbeit, doch das süße Pfeifen, das dem Amselschnabel entsprang, berührte mich. Nicht zuletzt, weil es meinen Namen beinhaltete, weil es vielleicht ein Liebeslied war, das der auf kahlem Ast sitzende Vogel mir so melodisch darbrachte. Ein Liebeslied, dachte ich und schmunzelte, lauschte dem Amselgesang und wusste: Dies wird ein wundervoller Tag!

Joachim kam vorbei, sah mich andächtig lauschen, schaute erst mich und dann die Amsel eine Weile an.
"Peter.", sagte er zu mir. "Du weißt schon, dass das einzige, was Vögel zwitschern, Reviermarkierung ist?"
Ich drehte mich zu ihm um. "Wie bitte?"
"Naja, das einzige, was Vögel von sich geben, ist ein stetes 'Verpiss dich! Hier wohne ich!'"

Ich zuckte mit den Schultern. Es war mir egal. Schließlich war ein "Verpiss dich!" nie schöner ausformuliert worden als in diesem Moment; schließlich klang "Verpiss dich!" nie lieblicher, nie bezaubernder als aus dem Schnabel dieser wundervollen Amsel.
Und außerdem, dachte ich insgeheim, vielleicht zwitschert die Amsel ja dennoch meinen Namen. Vielleicht hatte ich trotzdem recht, und die Amsel tirillierte meinen Namen in die weite Welt?

"Verpiss dich, Peter! Verpiss dich, Peter!"
Ich schmunzelte.

Mittwoch, 3. März 2010

...

Die Giraffe lachte. Giraffen können nicht lachen, aber sie schon. Daher lachte sie. Mit gutem Grund.

Dienstag, 2. März 2010

Telefonat

"Hallo? Hallo?? Ich versteh dich nicht so gut. Der Empfang ist so schlecht. Ja, ich bin gerade in der Bahn. In der Ba-hahn! Ja, auf dem Weg nach Hause. Was? Nein, ich durfte heute früher... Was? Ich durfte heute früher, sagte ich. Früher ge-hen. Nein, ich hatte nicht frei. Nächste Woche habe ich frei. Allerdings nur Dienstag. Und vielleicht Freitag. Mal sehen, was der Chef sagt. ... Nee, dem geht's gut. Nee, echt, dem geht's gut. Puh, vor zwei oder drei Wochen, glaube ich, vielleicht auch vor vier. Da habe ich ihn auf der Straße getroffen. Hat gesagt, die Stadt sei scheiße, Stuttgart sei scheiße, die Stuttgarter sowieso. Hat er ja auch irgendwie recht. Was? Ja, klang schon ein bisschen verbittert, aber schau dir doch mal die Stuttgarter an. Alles hirnlose Affen. Was? HIRNLOSE AFFEN! Die Stuttgarter sind allesamt hirnlose Affen, hab ich gesagt. Hab ich ja auch zu Rainer gesagt. Rainer, hab ich gesagt, die Stuttgarter sind allesamt hirnlose Affen. Hat er mir recht gegeben. Stimmt ja auch. ... Neenee, wir haben nicht lange geredet. Fünf Minuten vielleicht. Drei, höchstens. Habe ja immer so viel zu ... Neenee, sonst ist alles super. Ja, habe mich ganz gut eingelebt. Naja, ein bisschen dämlich sind die hier schon alle, stimmt schon. Sehen nicht nur scheiße aus, sondern sind es auch. Hihi. Aber muss man sich dran gewöhnen. Wenn man in eine so hässliche Stadt wie Stuttgart zieht, sag ich immer, muss man wohl mit so hässlichen Leuten rechnen. Jaja, genau. Ich nehme mir immer ein Buch und den iPod mit, wenn ich S-Bahn fahre. Ist ja nicht zum Aushalten. Wie die alle aussehen! Und stinken tun die. Das glaubste gar nicht! Wie die stinken! Nach jeder Bahnfahrt muss ich immer erstmal ausgiebig duschen, um den Gestank loszuwerden. Was? Ja, genau, die haben's ja auch nicht leicht in ihrer hässlichen Stadt mit ihren armseligen Existenzen... Neenee, höflich sind die nicht. Die stinken nur, rempeln, und schreien rum. Und gucken blöde. Du glaubst gar nicht, wie blöde die hier gucken können. Ich meine, ich lebe erst seit zwei Wochen hier, aber so viele Idioten habe ich mein ganzes Leben noch nicht gesehen. Jetzt wieder. Ich stehe hier harmlos rum, und die schauen mich an, als wären sie hirnlose Dummbratzen. Naja, sind sie wahrscheinlich auch. Hihi. Die ganze Bahn voll mit hirnlosen Dummbratzen. Hihi. ... Was? Waaas? Ach so, jaja, voll ist die Bahn. Ist immer voll. Nee, die meisten fahren bestimmt schwarz. Sind doch alles Kriminelle hier. Alles Kriminelle. Und wie die stinken! Hirnlose Affen, sage ich immer. Was? ... Süße, ich muss jetzt Schluss machen. Ein paar Idioten wollen mich anscheinend irgendwas fragen. Schauen ganz grimmig, als ob ich irgendwas verbrochen hätte. Anscheinend wollen sie ... Hey, das ist mein Handy ... Hey, was...?"

Montag, 1. März 2010

Lesezeichen

Ich fand das Buch in zweiter Reihe meines Regales, hinter anderen, irgendwo, wo es nicht hingehörte. Und ich fand noch mehr: Eine schwarze Ecke ragte aus den Seiten hervor und lud mich zu verwunderter Neugierde ein. Ein Lesezeichen? Ein Lebenszeichen aus vergessenen Welten?

Ich klappte das Buch auf, ganz am Ende, an einer Stelle, wo es keines Lesezeichens mehr bedurfte. Und doch war es da. Schwarz, nur ein Stück Papier, doch handbeschrieben.
„Ich liebe dich!“, las ich erstaunt.

Mir drehte sich alles. Du liebst mich? Wer bist du?, fragte ich mich, versuchte die Buchstaben wiederzuerkennen, die Schrift mit all den Vergangenheiten abzugleichen, die sich in meinem Herzen tummelten. Der Verstand setzte aus, und in stummer Freude um diese Worte, in vager Trauer um deine Ferne, um deine Anonymität, stahlen sich Tränen in meine Augen.

Wer bist du?, fragte ich mich, wieder und wieder, Erinnerungen suchend, Hoffnungen durchwühlend. Wer bist du?

Als die Erkenntnis einsetzte, ohrfeigte sie mich mit Profanität, mit kalter, nachvollziehbarer, desillusionierender Logik. Mein Bruder, dem ich das Buch einst lieh, hatte vor Jahren schon diesen Zettel, diese drei Worte, erhalten, ihn als Lesezeichen benutzt - und vergessen.

Und während ich auf Buch und Zettel starrte, während Erinnerungen aus meinem Schädel schwammen und die lächerlich einfache Erklärung mich durchsetzte, spürte ich, wie die drei Worte mir entglitten und ein bitteres Loch der Stille zurückließen.

Sonntag, 28. Februar 2010

Ich atme!

„Ich atme!“
„Ja, und das machst du wirklich gut!“, sagte die Lehrerin und war sichtlich geschafft.
„Ich atme!“, wiederholte ich und spürte, wie Luft in meinen Körper eindrang und ihn wieder verließ.
Die Lehrerin lächelte nur.
„Das ... das ist wirklich toll!“, freute ich mich und atmete so gut, so intensiv ich konnte.
Die Lehrerin schaute mir eine Weile zu, erfreute sich an meinen regelmäßiger werdenden Atemzügen, wusste, dass eine wichtige Hürde genommen war.
„Mach weiter so, und bald wirst du vergessen haben, dass Steine eigentlich nicht atmen können.“, sagte sie aufmunternd.
„Wieso ,Steine‘?“, wollte ich fragen, doch konzentrierte mich nicht genug. Meine Stmung geriet durcheinander, die Silben polterten unkontrolliert aus mir heraus. Ichhechelte, bekam keine Luft mehr. Irgendetwas stimmte nicht!
„Bleib ruhig.“, beschwor mich die Lehrerin, war aufgesprungen, streichelte mich sanft. „Bleib ruhig und atme.“
Doch es war zu spät. Die Luft weigerte sich, in meinen Leib einzudringen, mein Bewusstsein schwand und die Welt wurde grau.
Die Lehrerin seufzte, küsste den Felsbrocken und ließ ihn dort zurück, wo er bereits unzählige Jahre reglos verharrt hatte.

Samstag, 27. Februar 2010

Glück

"Ich bringe Glück", sagte der Elefant.
"Wirklich?", fragte ich erstaunt. Schließlich hatte ich bisher nur von Glücksklee gehört. Und davon, dass Marienkäfer Glück brächten. Aber Elefanten?
"Ja, wirklich!", bestätigte der Elefant und trompetete kurz, aber imposant gen Himmel.
"Und wie funktioniert das?", wollte ich wissen. "Muss ich dich anlecken oder drei Mal um dich herumlaufen?"
"Nein, du musst mich nur immer in der Nähe haben.", erklärte der Elefant und für einen Moment glaubte ich, ein Schmunzeln hinter seinen Stoßzähnen wahrzunehmen.
"In meiner Nähe?", fragte ich verdutzt.
"Ja, in deinem Portemonaie am besten. Dort aufbewahrt bringe ich nicht nur eine Menge Glück, sondern auch haufenweise Geld."
Ich schaute zu dem Elefanten hoch, zögerte kurz und rief dann verzweifelt:
"Aber du passt überhaupt nicht in mein Portemonaie!"
"Pech gehabt!", kicherte der Elefant und stapfte davon.

Freitag, 26. Februar 2010

Du stinkst

„Du stinkst!“
„Nein! DU stinkst!“
„Nein, du!“
„Du!“
„Du stinkst mindestens hundert Mal mehr als ich!“
„Und du tausend Mal so viel wie ich!“
„Das geht ja gar nicht!“
„Do-hoch! Weil du nämlich hyperstinkst!“
„Na und! Du stinkst megahypermillionenkrasstotal!“
„Du bist älter als ich. Also stinkst du schon vielviel länger!“
„Deine Mutter stank schon!“
„Und deine erst!“
„Ey! Nichts gegen meine Mutter!“
„Du kennst sie gar nicht.“
„Na und? Aber sie stinkt nicht.“
„Du hingegen schon! Und zwar übelst!“
„Du stinkst so viel, dass du schon wieder gut riechst!!“
„...! Echt?“
„Öh. Eigentlich schon.“
„Hihi.“

Genervt verließ ich das Labor und zog meinen Kittel aus. Vielleicht gab es einen Grund, warum niemals jemand gewagt hatte, Stinkmorcheln das Sprechen beizubringen.

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Du bist nicht angemeldet.

Aktuell...

Altslawische fantastische...
Ich möchte dir mein fantasy Welt vorstellen. Vielleicht...
Cerny Vlk - 6. Jan, 21:45
Radtour Salbker See II
Danke für die tollen Tipps, wir waren im August auch...
Physiotherapie Leipzig (Gast) - 21. Nov, 17:06
Higtech
Naja, man glaubt es kaum, aber was der Angler an Energie...
Martin Angel (Gast) - 12. Sep, 11:27
gar nisch süß
dat is gar nisch süß soll isch de ma was rischtisch...
free erdem (Gast) - 6. Jun, 16:40
Hier wird es fortan weitergehen: https://morast .eu Und...
Hier wird es fortan weitergehen: https://morast .eu Und...
morast - 1. Feb, 21:10

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